Update aus Europa: Die Lage in Bosnien-Herzogowina

Delara Burkhardt, Abgeordnete des europäischen Parlaments, berichtet über die Lage in Bosnien-Herzogowina.

Als der Bosnienkrieg 1992 begann, war ich noch nicht geboren, als er endete war ich gerade 3 Jahre alt. Erst in der Schule lernte ich vom Völkermord in Srebrenica und den 8372 Zivilist*innen, die dabei 1995 von serbischen Truppen hingerichtet wurden. 2017 nahm ich an einem Stück des über 100 Kilometer langen Friedensmarsches teil, der in umgekehrter Richtung der Route folgt, auf der vor 27 Jahren bosnische Muslime aus Srebrenica flüchteten. Eine Erfahrung, die mich bis heute prägt und motivierte, in meiner Arbeit als Europaabgeordnete auch Stellvertretende Vorsitzende der Delegation für Bosnien und Herzegowina zu werden.

 

27 Jahre nach Kriegsende steckt das Land in seiner tiefsten politischen Krise. Milorad Dodik, das serbische Mitglied im Staatspräsidium des Landes, will die Teilrepublik Srpska vom Rest des Landes abspalten. Mit großserbischem Nationalismus spalten und destabilisieren Dodik und seine Anhänger*innen das Land. In dieser Krise plant Christian Schmidt, Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, eine Wahlrechtsreform, welche die ethnische Spaltung des Landes weiter zementieren würde. Ginge es nach ihm, würden Angehörige einer ethnischen Minderheit, der weniger als 3% der Menschen in einer Region angehören, von Wahlen ausgeschlossen werden. Das ist mit dem Prinzip fairer Wahlen nicht vereinbar. Trotzdem hören wir in Deutschland oder dem Rest Europas kaum etwas dazu in den Nachrichten. Dabei betrifft es uns alle, ist die Kernfrage doch zutiefst europäisch: Wie können wir ein friedliches Zusammenleben verschiedener Ethnien, Religionen, Kulturen und Sprachen gewährleisten und Vielfalt als Bereicherung sehen, nicht als Bedrohung?

 

Mehr denn je brauchen die bosnischen Demokrat*innen und die Zivilgesellschaft im Land jetzt die Solidarität und Unterstützung der EU. Deswegen müssen wir erreichen, dass es zu einer Wahlrechtsreform kommt, die eine Demokratie aus Gleichen hervorbringt; Wir müssen mit den gewählten Parlamentarier*innen und der Zivilgesellschaft sprechen, die den Willen zur Zusammenarbeit und Ideen zu ihrer Verbesserung haben. Nicht mit denen, die Hass und Zwietracht säen. Für die braucht es präzise EU-Sanktionen.

 

Letztlich müssen wir den Beitritt zur EU endlich konkret vorantreiben und den Menschen dadurch eine demokratische Perspektive geben. So können wir verhindern, dass Autokrat*innen wie Putin und seine menschenverachtenden Ideen auf dem Westbalkan an Einfluss gewinnen.

 

Es ist Zeit, dass wir über die wirklichen Probleme und Perspektiven des Landes sprechen und unsere europäischen Freund*innen in Bosnien und Herzegowina unterstützen!